Samstag, 22. August 2015

Tag 5 - Madeleine und Col du Grand Cucheron

Ich bin ein wenig im Rückstand. Also arbeite ich die Tage jetzt auf. Fahrradfahren macht halt einfach zu viel Spaß. Und abends kniffeln und dabei Wein aus dem Kanister trinken. Wahrscheinlich komme ich deshalb immer schlechter aus dem Bett. Naja. Wie dem auch sei: zurück zur Sache.

Tag 5 begann mit der Verheißung, dass das Wetter besser werden sollte. Also haben wir uns den Madeleine vor die Brust genommen, liegt ja direkt auf der Gegenseite von unserem Hotel. Wecker auf 7:45, 8:05 am überfüllten Tisch sitzen und alles in einen reinschaufeln, was das Essen hergibt - wir haben das Gefühl, dass wegen uns die Croissants limitiert wurden. An diesem morgen verspachtelten wir drei ein gutes Dutzend...  Nun ja. Das Wetter hielt sich, die Wolken, die wir morgens sahen, waren rechts vom Madeleine und links vom Madeleine. Die Auffahrt selbst war und sollte wolkenfrei bleiben. 

Wie ist der Madeleine nun? Gut! Schönes Stücken Berg und sehr rhythmisch zu fahren, durchgehende Prozentzahlen und an diesem morgen war auch nicht allzu viel los. Also rauf da. Aus La Chambre kommend fahren wir direkt die ersten Kehren hinauf. Dabei wurde ich von jemandem angesprochen, der die Straße runter lief und seinen Bruder suchte, komische Sache. Da ich mit meinem 5 Jahre zurückliegenden Schulfranzösisch sowieso nur die Hälfte verstand und kräftig am Pusten war (die Prozente machten sich doch bemerkbar - die vom Wein und von der Steigung), quetschte ich ein schönes "Je ne comprends pas" heraus und fuhr unbeirrt weiter.

Es folgte ein kurzes, gerades Stück, doch die nächsten Kehren kamen direkt - immerhin macht man auf dem Madeleine knappe 1.500 Höhenmeter. Das sollte erst von der gesamten Anfahrt von Saint-Michel-de-Maurienne über Télégraphe hinauf zum Gallier geknackt werden! Überall sieht man Werbung für Käse und der Wille anzuhalten, sich einen leckeren Beaufort zu besorgen und den Berg links liegen zu lassen ist schon ziemlich verlockend. Aber darum bin ich ja nun mal nicht hier unten. 

Also weiter rauf da. Wir schrauben uns weiter nach oben bis nach St. Francois-Longchamp, einem netten kleinen, urigen Dörfchen, dass sicher auch ein nettes Örtchen wäre, um zu verweilen. Zumindest kam es mir so vor. Und allemal besser als das, was noch kommen sollte. Denn nach diesem urigen Longchamp kam das touristische Longchamp. Gondel um Gondel, Lift um Lift, Bettenburg um Bettenburg. Nicht wirklich schön, aber gut, der Wintersport ist halt die Haupteinnahmequelle der Leute. Was soll man machen? Umso beeindruckender war der Ausblick auf die Berghänge und die tief hängenden Wolken, mit denen man mittlerweile auf Augenhöhe war. Irgendwie ein lustiger Anblick, nach links zu gucken und eine Wolke 500m weit entfernt vor sich hinwabern zu sehen... Leider sind das solche Ausblicke, die man weder über Fotos noch über Bilder wirklich vermitteln kann. Zumindest ist es das, was ich so erlebt habe. In der Realität ist alles viel beeindruckender, selbst, wenn die Bilder schon gut sind!

Oben auf der Passhöhe angekommen drehte ich um und fuhr meinen Kollegen entgegen, knappe 3 Kilometer. Das schöne an dem letzten Stück vom Madeleine ist, dass es relativ gut einsehbar ist und man bergab ein bisschen holzen kann, bergauf betrachtet ist es ziemlich knackig zu fahren, vor allem, wenn man schon 17 Kilometer in den Beinen hat... Oben angekommen die obligatorischen Fotos und ab auf die Abfahrt.

Leider hatte Philipp einen Platten, was ich nicht mitbekam. Wobei. Doch. Erst ist der bessere Abfahrer, ich ziehe in der ersten Kurve an ihm vorbei und freue mich wie ein Schnitzel. Wie ich später erfuhr war das der Platten. Reinhard hatte dann noch Probleme mit dem Hinterrad und unten in La Chambre durfte ich ein wenig warten. Doch die Abfahrt ist wirklich schön! Definitiv zu empfehlen! Lange Geraden, gut einsehbare Kurven - wenn der Verkehr nicht wär...

Die beiden Kollegen machten Feierabend, Philipp hatte mit dem Trainingsrückstand zu kämpfen, und ich erkundete noch das Maurienne-Tal. Natürlich nicht ohne Ziel: der in STRAVA gefundene Col du Grand Cucheron, Verbindung vom Mauriennetal rüber nach Chamoux-sur-Gelon/La Rochette sollte das Ziel sein. Die Anfahrt war schon gespickt mit Hügeln und Gegenwind und der Berg an sich war auch nicht von schlechten Eltern. Aber es ging. Durch einen Wald, eine lange, flach ansteigende Gerade die zum Bolzen anregt und viele kleine, schöne und nett anzusehende Dörfer machen diesen Berg wirklich interessant! Die Menschen stehen auf der Straße und unterhalten sich, spielen Boule, gärtnern und grüßen freundlichen (man stelle sich dies mal in Deutschland vor...) und eine fordernde Auffahrt machen das ganze wirklich schön! Zur rechten erhebt sich das Bergmassiv, man hat Blick auf einen See, einfach herrlich. Leider war es oben sehr windig und kalt und so nahm ich schnell die Abfahrt wieder in Angriff.

Habe ich erwähnt, dass die letzten Kehren zum Berg sehr lang sind (1-2km), fast gerade und guten Asphalt aufweisen? Macht wirklich Laune da runter zu knüppeln! Leider war ein Laster mit Holzstämmen vor mir, hab genug Horrorfilme gesehen, um zu wissen, wie sowas endet. Also vorbei und den selben Weg wieder zurück zum Hotel. Ende vom Lied: 108 Kilometer, fast 6 Stunden reine Fahrzeit und knapp 3.000 Höhenmeter.

Fahren durch die Berge ist einfach was anders als im Ruhrgebiet rumzueiern. Ich mag das Ruhrgebiet. Aber das hier ist einfach eine andere Welt. Eine andere Mentalität den Radfahrern gegenüber. Hier werden die Radfahrer geliebt. Respektiert. Ich wurde nicht einmal auf der Straße angehupt, geschitten, beleidigt oder sonst wie traktiert. Einfach klasse.

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